Der 32. Spieltag der Serie A endete mit einem der absurdesten Ergebnisse der letzten Jahre. Atalanta spielte nur 0:0 gegen Empoli, nachdem sie 47 Schüsse hatten, von denen 18 aufs Tor gingen. Damit wurde das Modell der Expected Goals vollständig in Frage gestellt und gleichzeitig einige Rekorde aufgestellt. Seitdem Opta 2004/05 mit der Datenerfassung begonnen hat, hat noch nie eine Mannschaft in der Serie A einen Wert von 47 Schüssen pro Spiel erzielt. Die 17 Paraden von Empolis Torhüter Bartlomiej Dragowski waren ebenfalls ein Rekord. Die xG-Werte am Ende des Spiels betrugen 5,7 zu 0,3. Man muss bis November 2006 zurückgehen, um eine andere Mannschaft mit 18 Torschüssen zu finden. Es war bei der Partie AS Rom gegen Catania. Das Spiel endete mit 7:0. Es ist nicht einfach, die Mannschaft der Saison zu bestimmen. Der niederländische Meister Ajax und die deutsche Europa League Überraschung Eintracht Frankfurt spielten sich in die Herzen Europas. Auch Valencia und Rennes hatten international gute Saisons und gewannen zudem die nationalen Pokale in ihren jeweiligen Ländern. Warum haben wir uns für eine Mannschaft entschieden, die in dieser Saison noch nicht einmal in Europa gespielt oder einen Titel gewonnen hat? Weil dies bereits die dritte Saison in Folge ist, in der Atalanta wirklich überzeugt hat. In der Coppa Italia schafften sie es bis ins Finale, verloren aber gegen Lazio Rom. In drei Spielen in dieser Saison schaffte es Juventus nicht sie zu schlagen. Seitdem Gian Piero Gasperini 2016 den Trainerposten übernahm, belegten sie die Plätze 4 (72 Punkte) und 7 (60 Punkte) und qualifizierten sich in dieser Saison schließlich für die Champions League mit Platz 3 (69 Punkte). Was für eine großartige Leistung für einen so kleinen Verein. In der Gehaltstabelle waren sie in dieser Saison nur auf Platz 14. (Gazzetta dello Sport) in der Serie A. Nach Marktwert belegten sie immerhin den 8. Platz in Italien, aber nur den 48. Platz in Europa. Gasperini verdient große Anerkennung dafür, dass er kontinuierlich das Beste aus seinem Team herausholt. Es überrascht nicht, dass Mourinho ihn während seiner Zeit bei Inter als seinen größten taktischen Rivalen bezeichnete, während Gasperini CFC Genua trainierte. Ohne Zweifel hat sich Atalanta zu einem der unterhaltsamsten Teams in Europa entwickelt. Sie haben die beste Offensive in der Serie A mit 77 Toren in 38 Spielen. Kein anderes Team in der Serie A hat mehr angekommene Pässe im gegnerischen Drittel pro Spiel (160,7). Trainer Gasperini verwendet hauptsächlich eine 3-4-1-2-Formation. Ihr Ballbesitz von 57,1% in dieser Saison ist nicht nur ein schöner Wert, sondern dient einem höheren Zweck, Gasperinis Fußballphilosophie. Sie dominieren die Gegner, indem sie Rauten und Dreiecke bilden, um ideale Passwinkel zu bilden und um im gegnerischen Drittel den Ball schnell zurückzugewinnen. Atalanta reagiert gut auf Pressing-Auslöser, z.B. wenn ein Spieler den Ball mit dem Rücken zu seinem eigenen Tor bekommt, sich der Nähe der Seitenlinie befindet, bei einem schlampigen Pass, oder einem Pass nach hinten. Das Pressing ist sehr mannorientiert und war die ganze Saison über fabelhaft. Wenn immer möglich, baut Atalanta von hinten auf und hat aufgrund der Dreierkette oftmals eine zahlenmäßige Überlegenheit gegenüber der ersten Pressinglinie des Gegners. Durch die breite Stellung wird das Pressing gestreckt, wodurch die Räume für den Gegner größer werden. Dadurch haben die äußeren Innenverteidiger oft Platz, um anzudribbeln. Eine große Rolle im System von Gasperini spielen auch die Flügelspieler. Die Athletik und Energie von Timothy Castagne, Hans Hateboer und Robin Gosens sind ein wichtiger Bestandteil des Angriffsspiels. Atalantas Flügelspieler sind gut am Ball und alle ordentliche Dribbler und Passspieler. Außerdem können sie hervorragend Flanken und Rückpässe in den Strafraum spielen, oftmals nach Hinterlaufen. Die Mittelfeldspieler Remo Freuler und Marten de Roon sind läuferisch stark und gute Zweikämpfer, wissen aber auch, wie man den Ball verteilt. Zusammen sorgen sie für das nötige Gleichgewicht, körperliche Präsenz und Druck im Spiel nach vorne. Beide sind sehr vielseitig einsetzbare Box-to-Box-Spieler und gut darin, Läufe in den 16-er zu machen, die schwer zu verteidigen sind. Der auffälligste Teil von Atalantas Team ist zweifellos das Fronttrio, bestehend aus Alejandro „Papu“ Gomez (7 Tore /12 Vorlagen), Josip Ilicic (12/7) und Duvan Zapata (23/7). Gomez und Ilicic bringen Kreativität, Kunst und Fantasie in das Team von Gasperini. Gomez lässt sich oft tief fallen und spielt als falsche 9 zwischen Mittelfeld und Angriff. Gomez und Ilicic sind sehr gut darin, Räume auszunutzen. Ob zwischen den Linien, in den Halbräumen, hinter der Abwehrkette oder im Mittelfeld, sie nutzen diese Positionen perfekt, um anspielbar zu sein. Sie scheinen dafür auch eine gewisse Freiheit von ihrem Trainer zu genießen. Gasperini hat gezeigt, dass er in der Lage ist, sowohl junge Talente als auch ältere Spieler zu fördern, die ihr Potenzial anderswo nicht ganz ausgeschöpft haben. Der 31-jährige Ilicic hat in den letzten beiden Spielzeiten den besten Fußball seiner Karriere gespielt. Außerdem hat Gasperini in Zapata etwas gesehen, das kein früherer Trainer gesehen hatte: Er hat erkannt, dass er trotz seiner Größe und Stärke besser mit dem Gesicht zum Tor ist, als als Zielspieler mit dem Rücken zum Tor zu spielen. Zapata ist ein Beispiel für den perfekten modernen Mittelstürmer: Gut in der Luft, solides Kombinationsspiel und kraftvolle Tiefenläufe, um die gegnerische Abwehrkette auseinanderzuziehen und Platz für seine Kollegen zu schaffen. Wenn Atalanta unter Druck eine Lösung braucht, sind seine Zielspielerqualitäten von entscheidender Bedeutung, damit sich der Rest des Teams erholen und nachrücken kann. In Zeiten, in denen die Kluft zwischen den Top-Clubs und dem Rest immer größer geworden ist, kann man Atalantas Erfolg nur begrüßen. Keine andere Mannschaft der Serie A hat in dieser Saison mit so viel Mut gespielt: Sie übten konstant Druck auf den Ball aus und attackierten als Mannschaft, auch wenn dies oft mit Risiko verbunden war. Wir freuen uns darauf, sie auf der internationalen Bühne zu sehen. L’Atalanta, ci vediamo in Champions League! #whatif
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